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Ernst Moritz Arndt’s „Heimweh nach Rügen“

Ernst Moritz Arndt’s „Heimweh nach Rügen“

Anette Huber-Kemmesies

Sehnsüchtige Liebesäußerungen an Rügen.

Der Name Ernst Moritz Arndt ist nicht, wenn man über Mecklenburg-Vorpommern spricht wegzudenken. Der gebürtige Rüganer fiel in jüngster Vergangenheit in Misskredit aufgrund seiner antisemitischen Schriften, die er verfasste. Eine Initiative sammelte 2009 sogar Unterschriften für die Umbenennung der Greifswalder Ernst Moritz Arndt Universität. Die Stimmen reichten jedoch nicht aus, sodass die traditionsreiche Universität ihren Namen behalten durfte. Bei den Diskussionen um den umstrittenen Schriftsteller rückte seine Stellung als Lyriker in den Hintergrund. Und auch heute noch bringt man Arndt eher mit seinen antisemitischen Äußerungen in Verbindung, als mit seinen Gedichten, Prosawerken und der von ihm verfassten Dramatik.

Dem soll nun hier Rechnung getragen werden mit dem Gedicht „Heimweh nach Rügen". Arndt verfasste es bereits 1842, 18 Jahre vor seinem Tod (1860). Zu dieser Zeit befand er sich in Bonn wo er lebte und arbeitete und auch starb. Er sollte nicht mehr in seine Heimat zurückkehren. Zwar wird allgemein eine biografische Verbindung bei der Gedichtanalyse abgelehnt, doch ist hier eindeutig eine Verbindung zwischen dem lyrischen Ich und dem Autor zu ziehen, denn in der letzten Strophe wird das Heimweh nach Rügen aus der Ferne des Rheins angesprochen.

Weiterhin sind die Naturschilderungen in dem Gedicht bemerkenswert. Kenner der Insel wissen, dass man hinter den „dunkeln Haine[n]" den Gespensterwald vermuten kann. Und die Beschreibungen der sehr vielfältigen Landschaft der Insel lassen eine tiefe Zuneigung vermuten. Ernst Moritz Arndts Gedicht ist ein Liebesreigen, eine Hommage und eine Sehnsuchtsäußerung an die Insel Rügen:

Heimweh nach Rügen (Ernst Moritz Arndt, 1842)

O Land der dunkeln Haine,
O Glanz der blauen See,
O Eiland, das ich meine,
Wie tut's nach dir mir weh!
Nach Fluchten und nach Zügen
Weit übers Land und Meer,
Mein trautes Ländchen Rügen,
Wie mahnst du mich so sehr!

O wie, mit goldnen Säumen
Die Flügel rings umwebt,
Mit Märchen und mit Träumen
Erinnrung zu mir schwebt!
Sie hebt von grauen Jahren
Den dunkeln Schleier auf,
Von Wiegen und von Bahren,
Und Tränen fallen drauf.

O Eiland grüner Küsten!
O bunter Himmelschein!
Wie schlief an deinen Brüsten
Der Knabe selig ein!
Die Wiegenlieder sangen
Die Wellen aus der See,
Und Engelharfen sangen
Die Wellen aus der See,
Und Engelharfen klangen
Hernieder aus der Höh`.

Und deine Heldenmäler
Mit moosgewobnen Kleid,
Was künden sie, Erzähler
Aus tapfrer Väter Zeit.
Von edler Tode Ehren
Auf flücht'gem Segelroß,
Von Schwertern und von Speeren
Und Schildesklang und -stoß?

So locken deine Minnen
Mit längst verklungnem Glück
den grauen Träumer hinnen
In alter Lust zurück.
O heißes Herzenssehnen!
O goldner Tage Schein,
Von Liebe reich und Tränen!
Schon liegt mein Grab am Rhein.

Fern, fern vom Heimatlande
Liegt Haus und Grab am Rhein.
Nie werd' an deinem Strande
Ich wieder Pilger sein.
Drum grüß' ich aus der Ferne
Dich, Eiland lieb und grün:
Sollst unterm besten Sterne
Des Himmels ewig blühn!

Titelbild:

Ostseebad Göhren (Rügen) von Florian Russi

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