Es ist das längste Gebäude der Welt. Viereinhalb Kilometer Stahlbeton verunstalten die Landschaft zwischen Meer und der Schmalen Heide in Prora. Es gibt nichts, was den Größenwahn der Nationalsozialisten besser symbolisiert, als diese monotone Gebäudereihe. Das zwischen 1936 und 1939 angefangene Projekt trug den philosophisch-anmutenden Namen „Kraft durch Freude“. Hier sollten, wenn es nach dem Willen der Nazis gegangen wäre, 20.000 Deutsche, als Familien eingepfercht in zwölf Quadratmeter umfassende Mini-Räume, gleichzeitig Ferien machen. Als sie den Krieg begonnen hatten, legten sie die Fertigstellung dieses Mammutprojektes ad Acta … und übertrugen sie damit den nachfolgenden Generationen. In der DDR baute man über Jahre an den Gebäuden und nutzte sie als Militärstützpunkt für die NVA. Seit der Wende versuchen sich Investoren, Café-Betreiber sowie Künstler, Aussteller und andere Kulturmenschen daran, den insgesamt fünf Blöcken einen sinnvollen Zweck zuzuordnen.
Das Dokumentationszentrum Prora e. V. nutzt einige Räume für Ausstellungen und Vorträge zum Nationalsozialismus. In Block 5, dem einzigen, der noch dem Landkreis gehört, ist auf eine Hälfte eine Jugendherberge mit Zeltplatz vor der Tür gezogen. Seit einigen Jahren lassen Investoren die Blöcke 1 bis 4 nach und nach in Luxus-Ferienwohnungen umbauen. Balkone und Terrassenfenster auf der Ostfassade verändern die Ansicht so sehr, dass kritische Stimmen befürchten, man vergesse darüber die Erbauer und ihre Absichten.
Adresse und Kontakt
Dokumentationszentrum Plora e.V.
Dritte Str. 4
18609 Binz
Tel.: 038393 / 13991
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Textquelle:
Pixberg, Sandra: Rügen - 99 Besonderheiten der Insel, Halle: Mitteldeutscher Verlag, 2017.
Bildquelle:
Vorschaubild: Der „Koloss von Prora“ von der Meerseite, 2004, Urheber:
Panorama des KdF-Hauses im Seebad Prora. Ansicht von der Landseite, 2007, Urheber: