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Unser Leseangebot

Heinz Peter Brogiato/Mathias Röschner
Koloniale Spuren in den Archiven der Leibniz-Gemeinschaft
Sachbuch

ET: Mai 2020

Wie gehen wir mit unserer kolonialen Vergangenheit um?

Fachleute aus elf Archiven von Einrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft widmen sich dem Thema »Kolonialismus« aus ganz unterschiedlichen Perspektiven. Die Beiträge spannen einen weiten Bogen von der frühkolonialen Afrika­forschung über postkoloniale Ideen im Rahmen eines technokratischen Megaprojekts bis zu den antikolonialen Bewegungen der 1960er Jahre in Westdeutschland, städtebaulichen Aktivitäten der DDR-Architektur in den jungen Nationalstaaten und der kritischen Aufarbeitung der Thematik.

St. Jürgen Friedhof

St. Jürgen Friedhof

Sandra Pixberg

Eine Ruhestätte im Märchenschlaf

Efeu-Schlingen, struppige Buchsbaumhecken, Riesenbäume und halb verfallene Backsteinmauern. Das Spiel von Licht und Schatten, das die alten Bäume auf die verzierten Gräber werfen, trägt zu dem Gefühl der Entrücktheit bei. Die Umgebung gleicht einer Traumwelt, in der allerlei Fabelwesen – Elfen, Wichtel, gar Drachen und Einhörner – leben könnten. Doch statt für fantastische Kreaturen dient der heute verwunschene Park seit rund 350 Jahren der letzten Ruhe für Stralsunder und Stralsunderinnen. Im 13. Jahrhundert, als die Stadt in der Entstehungsphase war, gründeten die Brüder von St. Jürgen am Strande (Mönchstraße 40) unweit des heutigen Areals einen Friedhof. Die Brüder pflegten in dem Hospital mittellose Alte und Kranke. Die einflussreichen Bürgerfamilien Stralsunds beerdigte man auf dem Kirchhof St. Marien und St. Nikolai. Da der Friedhof St. Jürgen nahe der Festungsanlagen lag, kam es bei Belagerungen immer wieder zu Verwüstungen. Deshalb wurde er 1675 auf das heutige Areal verlegt. Einige Jahrzehnte danach wurden auch einflussreiche Personen auf dem Friedhof beerdigt. So fand hier Fürstin Luise zu Putbus (geb. von Lauterbach, 1784–1860) ihre letzte Ruhestätte. 1778 verbot die schwedische Regierung Bestattungen innerhalb der Stadtmauern. Damit war St. Jürgen bis 1945 der zentralste Friedhof Stralsunds. Bei der zweiten Erweiterung 1865 legte man eine Grabmal-Mauer in Form eines L an, die die gesamte nördliche Länge (entlang des Knieperdamms) und einen Teil der damaligen hinteren Grenze einnimmt.

Daran entlang reihen sich heute detailreiche Grabkapellen und Wandgräber. Die imposanten Anlagen zeigen die Bedeutung und den Reichtum der Familien. Das Jahr 1986 wäre beinahe das Ende dieses geschichtsträchtigen und zauberhaften Ortes gewesen. Gemäß dem Zeitgeschmack war vorgesehen, den alten Friedhof zu einer Parkanlage umzugestalten. Schon wurden zahlreiche Gräber geräumt, aber dann fehlten glücklicherweise die Finanzen für die weitere Zerstörung, und St. Jürgen durfte wieder in seinen Märchenschlaf fallen. Bis nach der Wende, wo es zahlreiche Diebstählemgab. Statuen in Gestalt von Engeln und Jesus, große und kleine Kreuze wurden geraubt, wahrscheinlich nur, um das Buntmetall einzuschmelzen. Die letzte offizielle Beisetzung fand 1964 statt, doch bis 1982 gab es Urnenbestattungen mit Sondererlaubnis. Seit 1990 ist der Friedhof St. Jürgen ein „geschützter Park“, der behutsam und – wegen fehlender Finanzen – nur wenig in Stand gehalten wird. Das älteste Grabmal befindet sich an dem rechten Haupteingang (Hainholzstraße) neben dem ehemaligen Brunnen, der Sockel trägt die Inschrift 1730 oder 1739. Diedrich Johann Longé (1779–1863), schwedischer und preußischer Offizier der Marine und maßgeblich am Aufbau der preußischen Marine beteiligt, fand auf St. Jürgen seine letzte Ruhestätte. Gottlieb Mohnike (1781–1841), Theologe und schwedischer Übersetzer sowie, als eine der wenigen prominenten Frauen, die Malerin Elisabeth Büchsel (1867–1957), als auch Otto Dibbelt (1881–1956), Begründer des Meeresmuseums, sind hier beigesetzt.

Weitere Informationen:

Adresse:

St. Jürgen Friedhof

Hainholzstraße 6 a

18435 Stralsund

Internetauftritt: www.stralsund.de

*****

Textquelle:

Pixberg, Sandra: Stralsund: Die 99 besonderen Seiten der Stadt, Reiseführer, Halle (Saale): Mitteldeutscher Verlag, 2019.

Bildquelle:

Ebd.

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St. Jürgen Friedhof

Hainholzstraße 6 a
18435 Stralsund

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