Der Pächter eines Hofs in Groß-Methling, der sein Geld mit Getreide verdient, ist kein ehrenwerter Geschäftsmann. Vom Geld getrieben zeigt er keine Reue, andere Menschen übers Ohr zu hauen. Diese Sage handelt von der Begegnung des habgierigen Mannes mit einem bösen Geist.
Auf einem Hof in Groß-Methling einem Ortsteil der Stadt Dargun im Mecklenburger Land saß ein alter geiziger Pächter der häufte Ernten auf Ernten und wenn das Korn nicht teuer war verkaufte er es auch nicht, selbst wenn ihn die Leute fußfällig darum baten. Er hatte alle Kisten und Kasten voll Geld und Gut aber tagtäglich versuchte er mehr und mehr zusammenzuscharren. Durch unerhörten Kornwucher war er einzig und allein so reich geworden.
In die Kirche ging er nicht. Er sprach: „Ich diene meinem Gott im Freien", dem Teufel aber diente er, dem Gott Mammon. Er übersah die Saatfelder und rechnete sich aus wie viel sie tragen würden und ärgerte sich, dass auf den Äckern seiner Nachbarn auch Getreide stand welches sie ernten würden.
So ging er ebenfalls an einem Pfingsttag draußen herum und sah wie alles fröhlich wuchs und wie Gottes Segen wieder sichtbar nahe war. Als er zu den Räumen der Kornspeicher gehen musste war er sehr unzufrieden, verwünschte und verfluchte die wohlfeile Zeit wie es alle nichtsnutzigen elenden Kornwucherer tun.
Da kam ein Mann daher gefahren, der saß in einer schwarzen Kutsche und ein schwarzer Kutscher lenkte die schwarzen Rösser. Der Mann bot spöttisch „gute Zeit" und hielt an. Er stieg aus und es hing ein langer Mantel über ihn, der seine Gestalt ganz verdeckte.
„Gute Aussicht auf gesegnete Ernte, nicht wahr?" fragte der Fremde und der Pächter murrte: „So halb und halb."
„Pfingsten kann man den Erntemond noch nicht loben." „Vorrat ist Herr!" „Ihr habt wohl noch Vorrat?" fragte der Fremde. „Etwas, nicht allzu viel", war die Antwort.
Der Fremde fragte nach dem Preis. Der Pächter forderte den höchsten Preis und der Fremde sagte: „Topp, ich kaufe." Dem Pächter lachte das Herz im Leibe doch ärgerte er sich, dass er nicht noch mehr gefordert hatte. Er lud den Fremden ein mit ihm zu frühstücken. Als beide den Hof betraten, schrien Hühner, Gänse und Enten wild durcheinander und flatterten auf und davon. Der Hofhund winselte, zog den Schwanz ein und kroch tief in seine Hütte. Die Frau des Pächters war in der Kirche. Er ließ aber von der Magd das Essen kochen. Der Fremde neckte die Magd, dabei fiel ausversehen sein Messer vom Tisch. Als die Magd sich bückt, sieht sie des Fremden Füße, einen Geierfuß und einen Pferdefuß.
Die Magd eilt zur Tür hinaus und stößt auf die Pächterin, die eben aus der Kirche kommt. Sie teilt ihr mit was sie gesehen hat und die Frau schickt sie zu dem Pastor der auch gerade aus der Kirche kam. Dieser kam mit der Bibel unterm Arm. Der Fremdling erschreckt und ruft dem Pastor frech entgegen: „Guten Tag, Pfaffe! Hast du das Messer noch, das du als Bube mir, deinem Mitschüler, gestohlen?" Ganz verwirrt tritt der Geistliche zurück und jener spricht: „So sind sie! Andern wollen sie Buße predigen und sind doch selbst nicht rein." Da fährt ein Geistlicher aus dem nahen Brudersdorf am Haus vorbei und die Frau ruft ihn herein. Auch er tritt mit der Bibel unterm Arm in die Stube ein. Da zittert und bebt der Fremde. Denn diesem konnte er nichts vorwerfen. Der Geistige bezeichnet ihn als den bösen Feind, den Unkrautsäemann, den brüllenden Löwen. Endlich öffnet er ein Fenster und ruft: „Fahr aus, du unsauberer Geist, und gib Raum dem Heiligen Geist!" Rasch fuhr unter Donnergeprassel der Böse aus dem Fenster. Kurz danach stieg aus den Kornspeichern Dampf und Nebel auf. Wolke auf Wolke so dass die Leute dachten es brannte.
Aber es war der Kornwurm der in mehreren Millionen ausflog und drei Ernten des Kornwuchers auf einmal zerstörte. So groß ist Gottes Macht und strafende Gerechtigkeit, dass er ein kleines Käferchen zur Rute macht die den schändlichen Kornwucherer auf das empfindlichste züchtigt. Der Pächter war bis in sein Innerstes erschüttert. Er ging in sich und wurde ein frommer Mann, verkaufte den Überfluss seines Getreides zu einem gerechten Preis. Er hatte Sorge, dass es ihm nochmal passiere. Von nun an wird in Büchern geschrieben, der Kornwucher sei eine Fabel, ein Wahnglaube. Es heiße nicht Wucher, sondern Handel. Wer es glaubt!
aus dem Buch: Ludwig Bechstein, Deutsches Sagenbuch, Leipzig 1930
bearbeitet von Andreas Werner
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Fotos:
Titelbild, Gerstenfeld, michael, Wikipedia
Kirche Brudersdorf, Reinhard Kraasch, Wikipedia
Kirche Groß Methling, Niteshift, Wikipedia