Am Schnittpunkt der alten Handelswege zwischen den Hansestädten Lübeck und Wismar. nur etwa 15 km von den Ostseestränden des Ostseebades Boltenhagen entfernt, liegt die Kleinstadt Grevesmühlen. Die in der Region selbst auch liebevoll „Kreihnsdörp“ oder „Grevsmöhlen“ benannte, ehemalige Kreisstadt ist heute Sitz der Verwaltungsgemeinschaft des Amtes Grevesmühlen-Land und der Stadt Grevesmühlen. Auch große Teile der Kreisverwaltung des Landkreises Nordwestmecklenburg sind weiterhin in Grevesmühlen angesiedelt. Heute leben in Grevesmühlen, einer der ältesten Städte Mecklenburg-Vorpommerns, etwa 10 000 Menschen.
Geschichte der Stadt
Der Ort Grevesmühlen wurde im Jahr 1230 als „Gnewesmulne“ (Mühle des Gnev) erstmals im Kirchenregister des Bistums Ratzeburg urkundlich erwähnt. Eine Besiedlung durch slawische Stämme erfolgte aber wesentlich früher. Im Jahr 1262 wurde Grevesmühlen Stadt nach lübischem Recht und gehört damit zu den ältesten Städten Mecklenburgs. Deutlich sichtbar ist dies u. a. an der heute noch erhaltenen mittelalterlichen Stadtbefestigungsanlage aus dem 13. Jahrhundert mit Wiekhäusern und drei Stadttoren. Die früher vor der Stadtmauer befindlichen Außenanlagen nebst Wall wurden inzwischen abgerissen, sind im Stadtbild aber noch erkennbar.
Lange Zeit spielte sich das Leben in Grevesmühlen innerhalb der mittelalterlichen Stadtmauern ab. Erst nach zwei Großbränden im 18. Jahrhundert und der Beendigung des Siebenjährigen Krieges in Jahr 1763 begann sich die Stadt zu Beginn des 19. Jahrhunderts langsam auch außerhalb der Befestigungsanlagen zu erweitern, insbesondere zur Ansiedlung von Gewerbe und Handwerk. So entstand z. B. um 1878 die Malzfabrik, heute Sitz eines großen Teils der Verwaltung des Landkreises Nordwestmecklenburgs, sowie in den 1890er-Jahren eine Molkerei und ein Sägewerk. Von 1952 bis 1994 war Grevesmühlen zudem Kreisstadt des damaligen gleichnamigen Kreises.
Kreihnsdörp – Stadt der Krähen
Grevesmühlen und Umgebung sind reich an Sagen, Mythen und Legenden. Die Sage von der „Waddermöhm (Hexe) vom Ploggensee“ kennt hier jedes Schulkind. Auch der Name „Kreihnsdörp“ für die Stadt soll seinen Ursprung in einer Sage haben. Danach soll sich im 13. oder 14. Jahrhundert folgendes zugetragen haben: Beim Einfahren der übervollen Erntewagen in die Stadt ging jedes Mal sehr viel Heu und Getreide verloren, das einfach vom Wagen fiel. Ein Erntehelfer erzählte daraufhin den Bauern, dass man in seiner Heimat das Erntegut mit Wiesenbäumen, die auf die Wagen gelegt wurden, festhielt.
Im folgenden Sommer versuchten auch die Grevesmühlener Bauern, auf diese Weise mehr Heu und Getreide einzufahren. Da sie allerdings nicht wussten, in welche Richtung die Bäume auf dem Wagen liegen sollten, versuchten sie es quer zur Fahrrichtung. Aber das gerade neu gesetzte Stadttor stand im Weg, sodass die Erntewagen nicht in die Stadt kamen. Stundenlang rätselten die Bauern, was zu tun sein, wollte sogar das Tor versetzen. Da kam eine Krähe geflogen und kreischte: „Scharp vöhr, Scharp vöhr“, was so viel heißen sollte wie „Scharf vor, das scharfe Baumende nach vorn“. Der Bürgermeister verstand, was die Krähe sagte, und wies die Bauern an, die Bäume längswärts auf den Wagen zu legen. So konnte die Ernte in die Stadt gebracht werden. Seitdem wird in Grevesmühlen die Krähe wegen ihrer Klugheit verehrt.
Piratenhauptstadt Mecklenburgs
Seit Sommer 2005 ist Grevesmühlen zwischen Ende Juni und Anfang September fest in Piratenhand. Das am Stadtrand in malerischer Umgebung liegende Open-Air-Theater bietet mehr als 1600 Zuschauern Platz. Vor der Kulisse der karibischen See von Grevesmühlen werden Geschichten aus dem Leben von Capt’n Flint und seinen Kameraden erzählt, die immer auf der Suche nach Ruhm, Glück, Reichtum und Freiheit sind.
Die literarische Grundlage der bisher aufgeführten 14 Episoden aus dem Piratenleben bildet der Roman „Die Schatzinsel“, geschrieben vom schottischen Schriftsteller Robert Louis Stevensons (1850–1894). Nach den Vorstellungen, die sich unter Einheimischen und Gästen der Stadt wachsender Beliebtheit erfreuen, können Seeleute und Landratten gemeinsam unter dem Motto „Auf Seemann, Tod und Teufel!“ in der Piratenkaschemme „Zur Schatzinsel“ einkehren.
Projekt BürgerBahnhof
Seit 2008 machte die Stadt mit dem Projekt BürgerBahnhof von sich reden. Die Idee, aus dem nahezu verfallenen und brachliegenden Bahnhofsgebäude eine Begegnungsstätte für Jung und Alt zu entwickeln, begeistert nicht nur die Bürger der Stadt.
Im Juni 2017 wurde der BürgerBahnhof feierlich eröffnet. Das als Baudenkmal eingestufte Bahngebäude aus dem Jahr 1870 konnte so nicht nur erhalten werden, sondern ist heute Bürger-, Kinder- und Jugendzentrum sowie Familienbildungsstätte und Seniorentreffpunkt. Der integrierte Multifunktionssaal kann auch für Kinoveranstaltungen genutzt werden.
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Bildquellen:
Grevesmühlen, Stadtkirche, Von Schiwago - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=29...
Piraten-Open-Air, Szene aus "Im Auftrag der Krone" Von Pirat1989 - Eigenes Werk, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=15...
Malzfabrik Grevesmühlen Von Anumberofnames - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=16...