Ursprünglich ein Fischer- und Fährdorf, bekam Stralsund im Jahr 1234 vom Fürsten Wizlaw l. von Rügen das lübische Stadtrecht verliehen. Wizlaw (um 1180-1250) stand unter der Lehnsherrschaft des dänischen Königs und das lübische Stadtrecht war dem Recht der Stadt Lübeck entnommen, die damals eine führende Rolle im südwestlichen Ostseeraum einnahm. Stralsund blühte schnell auf und zog schon bald die Eifersucht konkurrierender Hafenstädte auf sich. Im Jahr 1249 schickte Lübeck kurzerhand seine Flotte aus und ließ die lästige Rivalin zerstören. Doch die erholte sich wieder und schloss im Jahr 1293 mit Lübeck und weiteren Ostseehafenstädten Bündnisverträge, die später in die sogenannte Städtehanse einmündeten. Die Hanse war ursprünglich eine auf vielen Einzelvereinbarungen beruhende Vereinigung von nordeuropäischen Kaufleuten. Aus ihr entwickelte sich eine Handelspartnerschaft zahlreicher Städte von England bis Russland. Im Mittelalter war die Hanse eine führende Macht. Ihr anzugehören bedeutete Wohlstand, Reisesicherheit und privilegierte Bürgerrechte. Noch heute sind die ehemaligen Mitgliedsstädte stolz auf diese Vergangenheit.
Auch Stralsund bekennt sich selbstbewusst zu seinen Hansejahren und führt die Bezeichnung „Hansestadt" im Stadtnamen. Viele repräsentative Gebäude in der Innenstadt bestärken diese Erinnerungen und zeigen, dass die Hafenstadt an der Ostsee es zu Reichtum und Ansehen gebracht hatte. Ihre Bedeutung wurde auch dadurch deutlich, dass hier im Jahr 1370 der „Stralsunder Frieden" geschlossen wurde, der einen Machtkampf zwischen dem dänischen König Waldemar IV. und 23 Hansestädten beendete. Der Vertrag markierte einen Höhepunkt der Hansemacht.
Während des 30-jährigen Kriegs (1618-1648) weckte Stralsund wieder fremde Begehrlichkeiten. Wallenstein, der Heerführer der kaiserlich-katholischen Truppen, belagerte vom 13. Mai bis zum 21. Juli 1628 die Stadt. Kurz zuvor war er vom römischdeutschen Kaiser Ferdinand (1578-1637) mit dem Herzogtum Mecklenburg belehnt worden. Nun fand er es verlockend, sich auch der nahegelegenen pommerschen Handels- und Schifffahrtsstadt zu bemächtigen und sie und andere Hansestädte ins kaiserliche Lager zu ziehen. Doch die protestantischen Bürger Stralsunds widersetzten sich, und der Rat der Stadt schloss noch während der Belagerung einen Schutz-und Bündnisvertrag mit dem Schwedenkönig Gustav II. Adolf (1594-1632). Wallenstein ließ daraufhin von seinem Plan, Stralsund zu vereinnahmen, wieder ab. Stattdessen wurden die Stadt und ihr Umland nach dem Ende des 30-jährigen Kriegs im Westfälischen Frieden den Schweden zugesprochen.
Sie verlor an Bedeutung, doch offenbar nichts von ihrer Attraktivität. Friedrich Wilhelm von Brandenburg, später bekannt unter dem Namen „Der große Kurfürst", belagerte sie im Jahr 1678 und verleibte sie seiner Herrschaft ein. Doch schon ein Jahr später musste er sie nach dem Friedensschluss vom 29. Juni 1679 in St. Germain en Laye wieder an Schweden zurückgeben.
Dort blieb sie bis 1715. Dann fielen im sog. Pommernfeldzug (1715/16) preußische, dänische und sächsische Truppen gemeinsam über die Stadt her. Im Ergebnis kam Stralsund zu Dänemark, doch konnten sich die Dänen nur fünf Jahre lang an ihrem Besitz erfreuen. Danach mussten sie die Stadt wieder an die Schweden zurückgeben. Später trat der französische Kaiser Napoleon l. auf den Plan. Nachdem er 1806 die Preußen bei Jena und Auerstedt nachhaltig geschlagen hatte, blickte er machtbesessen zur Ostsee und besetzte 1807 Stralsund und die vorpommerschen Gebiete. Acht Jahre später wurde in der Schlacht von Waterloo auch er geschlagen. Doch beim anschließenden Wiener Kongress gaben die dort verhandelnden Mächte Stralsund nicht an Schweden zurück, sondern sprachen die Stadt den Preußen zu. Dort blieb sie bis zum Ende des 2. Weltkriegs.
Einige Monate vor Kriegsende hatten amerikanische Bombenflieger ein Problem, das sie zu Lasten der schutzlosen Handelsstadt lösten. Sie waren gestartet, um die Hydrierwerke Pölitz bei Stettin zu bombardieren, mussten aber wegen schlechter Sicht von dem Vorhaben ablassen. Über Stralsund war der Himmel klarer, und da es gefährlich gewesen wäre, mit der Bombenfracht zu landen, entledigten sich die Flieger ihrer Last über eben dieser Stadt. 680 Bürger kamen ums Leben und viele Bauwerke wurden zerstört. Als wenig später dann auch noch sowjet-russische Truppen anrückten, entschieden sich die Stralsunder, keinen Widerstand zu leisten. Ihre Stadt wurde in die Sowjetische Besatzungszone übernommen und Teil des von der Sowjetischen Militäradministration neu gebildeten Landes Mecklenburg-Vorpommern. Doch auch diese Zuordnung hatte nicht lange Bestand. Die 1949 aus der Sowjetischen Besatzungszone entstandene „Deutsche Demokratische Republik" (DDR) löste nämlich die auf ihrem Terrain befindlichen Länder wieder auf und gliederte sich in Bezirke. Stralsund wurde in den Bezirk Rostock einbezogen.
Nach der Wende von 1989/90 entstand das Land Mecklenburg-Vorpommern erneut und Stralsund wurde nun hoffentlich auf sehr lange Zeit zu dem, was es immer schon sein wollte: eine schöne, von Handel, Handwerk, Hafen und Seefahrt friedlich lebende Stadt.
Stralsund zählt ca. 58.000 Einwohner und ist dabei, sich wieder kräftig herauszuputzen und die Schäden vergangener Ereignisse vergessen zu lassen. Mit einem „Oceanum" genannten Meerestierzoo und einem Meeresmuseum bietet die Stadt Europas größte frei zu besichtigende Sammlung von Meeresfauna und -flora.
Im Jahr 2002 wurden die Innenstädte von Stralsund und Wismar gemeinsam in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen. Damit gehört die Hansestadt nun zum kulturellen Besitz der ganzen Menschheit. Dieser Status und ihre Schönheit und geografische Lage locken von Jahr mehr in- und ausländische Besucher an. Auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die in ihrem Leben selten etwas ohne Überlegung getan hat, nahm hier ihren Wahlkreis.
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Fotos: Rita Dadder