Tessin? Ist das nicht diese sonnenreiche Gegend in der südlichen Schweiz? Liegt das nicht schon fast in Italien? Auch, mögen die Einheimischen sagen, aber unser Tessin liegt im äußersten Zipfel des Landkreises Rostock, in Mecklenburg-Vorpommern, nur etwa 20 Kilometer östlich der Hansestadt Rostock. Die Stadt an der mittleren Recknitz hat sich in den letzten Jahren insbesondere für alle, die den sanften Tourismus der teilweisen Hektik direkt an den Ostseeküsten vorziehen, zu einem Geheimtipp entwickelt.
Das Tal von Recknitz und nahegelegener Trebe ist nicht nur ein Vogelparadies, sondern auch für Wasser- und Radsportfreunde ein Eldorado. Und Sonne gibt es in diesem Tessin auch reichlich, und jede Menge Blumen.
Tessin soll auch offiziell Blumenstadt werden
In Internet ist der Namenszug „Blumenstadt“ schon allgegenwärtig, doch offiziell, z. B. auf den Ortseingangsschildern, darf Tessin bisher noch nicht mit diesem Namenszusatz werben. Das soll sich spätestens bis zum 700-jährigen Geburtstag der Stadt im Jahr 2021 ändern. Einen entsprechenden Antrag hat die Bürgermeisterin bereits gestellt.
Unter dem Motto „Wo Blumen blühen, lächelt die Welt“ wollen die Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt dafür sorgen, dass Tessin ganzjährig blüht. Erste Ideen dazu wurden schon gesammelt und mit Pflanzungen zur deren Umsetzung bereits begonnen.
Eine Kleinstadt mit langer Siedlungsgeschichte
Die Stadt Tessin, seit 2005 Verwaltungssitz des Amtes Tessin, in dem heute knapp 3 900 Einwohnerinnen und Einwohner leben, wurde im Jahre 1121 erstmals urkundlich erwähnt. Namensgebend für die Stadt war der Stadtgründer namens Tesa der damals hier befindlichen slawischen Burg. Noch heute erinnern zahlreiche Hünen- und Hügelgräber in der Umgebung der Stadt an die slawische Vergangenheit.
Nach der Vertreibung der Slawen siedelten sich deutsche Handwerke in und um Tessin an. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts ließ der mecklenburgische Fürst Heinrich Borwin I in Tessin eine deutsche Burg (unbekannt–1227) errichten, die als Grenze des damaligen Kessiner Landes zu den pommerschen Zircipanien, einem mittelalterlichen Slawenvolk, dienen sollte. Damals entstanden mit der Mühlenstraße und der Gnoiener Straße die ältesten Straßen der Stadt. Im Jahr 1321 erhielt Tessin, seit 127 zum „Land Rostock“ zugehörig, Stadtrecht und wurde Hauptort der Vogtei, zu der auch Dörfer Bandelstorf, Groß Lüsewitz, Sanitz und Schlage gehörten und die bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts bestand.
In der Ackerbürger- und Handwerkerstadt Tessin des beginnenden 17. Jahrhunderts war das Handwerk der führende Wirtschaftsfaktor. Zu Zeiten des Dreißigjährigen Krieges und der sich anschließend wechselnden schwedischen und kaiserlichen Besetzung litt Tessin sehr stark. Große Teile der Stadt wurden zerstört, viele Menschen flohen und suchen u.a. im nahegelegenen Rostock Schutz. Erst 1720 wurde die erste Stadtordnung zur Normalisierung des Lebens in Tessin in Kraft gesetzt. Mehrere Stadtbrände brachten zudem großes Leid und Unheil.
Vieles wurde neu gemacht
Mit dem Neuaufbau der Stadt zu Beginn des 19. Jahrhunderts veränderte sich das äußere Stadtbild nachhaltig, es entstanden vor allem größere Häuser und mit Dämmen versehene Straßen, die Ziegelei, eine Molkerei und die Post wurden gebaut. 1895 wurde die Eisenbahnstrecke von Tessin nach Rostock übergeben, die insbesondere für die ein Jahr später in Betrieb genommenen Zuckerfabrik und die damit erforderlichen Zuckerrübentransporte eine wichtige Rolle spielte. Auch die zwischen 1250–1350 erbaute Kirche St. Johannes, das älteste Gebäude von Tessin, wurde Ende des 19. Jahrhunderts gänzlich erneuert.
Als Teil des Städtebauförderungsprogramm, in das Tessin im Jahr 1991 aufgenommen und in dem der historische Stadtkern zum Sanierungsgebiet erklärt wurde, entstanden in den letzten Jahren in Baulücken der Altstadt neue Wohn- und Geschäftshäuser. Die Sanierung der Altstadt konnte inkl. der Erneuerung der Infrastruktur Ende des ersten Jahrzehnts der 2000er-Jahre komplett abgeschlossen werden.
In der „Tessiner Südsee“ im Hinterland der Ostseeküste
Das 2014 eröffnete Naturbad „Tessiner Südsee“ ist ein paradiesisches Naherholungsziel für alle Tessiner und Gäste der Stadt. Das überwiegend mit Fördermitteln der Europäischen Union finanzierte Erlebnisbad ist mit allem ausgerüstet, was eine moderne Freizeiteinrichtung so braucht: wunderschön gestaltete Außenanlagen, die sich an die natürlichen Badestätte mit Badeinsel und Startblöcken sowie die liebevoll bepflanzte Liege- und Freiflächen anschließen, außerdem geräumige Umkleidekabinen, modernste Sanitäranlagen, individuell arrangierte Eingangs-, Kiosk- und Kassenbereiche. Mit Tennisplätzen, Kegelhalle, Minigolfanlage und Sauna kommen auch alle Sportbegeisterten auf ihre Kosten. Für die Kleinsten stehen zudem Sandkästen, verschiedenen Spielgeräten und eine Wassermatschanlage zur Verfügung.
Die „Tessiner Südsee“ ist als Erweiterung der vorhandenen touristischen Angebote in und um Tessin gedacht, soll aber außerdem die Attraktivität des Hinterlands der Osteeküste für Einheimische und Gäste der Blumenstadt nachhaltig erhöhen.
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Bildquellen:
Blick über das Recknitztal auf die Stadt Tessin in Mecklenburg. Von Botaurus stellaris - Eigenes Werk, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=44...
Flußübergangskarte bei Tessin 1762 Von unbekannt - Schwed. Reichskriegsarchiv, Bild-PD-alt, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=7432747
Landschaft mit sogenanntem Tannenkopf bei Tessin Von Ch.Pagenkopf - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=41...
Haben Sie weitere Fotos aus Tessin? Dann senden Sie diese gern an Andreas Werner (awerner.td@twsd.de)