Neben den großen Pfarrkirchen der großen Städte Mecklenburgs wie Rostock oder Schwerin gibt es in den Dörfern des ländlichen Umlands der Großstädte eine Vielzahl von kleineren, nicht minder interessanten Kirchen. Mehr als tausend Dorfkirchen in ganz Mecklenburg-Vorpommern erzählen sehr eindrucksvoll von der lebendigen Geschichte des Landes und seiner Bauten, die Krieg und Zerstörung überstanden haben und den einfachen Menschen immer eine willkommene Zuflucht waren.
Die Christianisierung der Slawen in Mecklenburg
Mitte des 12. Jahrhunderts, um 1147, schlossen sich sächsische, polnische und dänische Fürsten zu einem Kreuzzug gegen die Wenden zusammen. Die Wenden, oft auch Elbslawen genannt, lebten damals vorwiegend im Gebiet des heutigen Mecklenburgs zwischen Elbe, Oder und Trave.
Im Jahre 1160 besiegte Heinrich der Löwe (1129/30 oder 1133/35–1195) die zu den Wenden zählenden Obotriten mit deren Fürsten Niklot (um 1100–1160). Damit begann die Christianisierung des Wendengebietes zwischen Elbe und Oder. Die slawischen Fürsten wurden getauft, entweder freiwillig oder mit Gewalt, und mit ihnen auch die ansässige slawische Bevölkerung zum christlichen Glauben bekehrt.
Erste Klöster und Kirchen entstanden
Gleichzeitig strömten Siedler aus Holstein, Niedersachsen, Westfalen und Brandenburg in das neue christliche Land. Und die Siedler brachten ihre traditionellen Baustile mit, die sie hier verwirklichen wollten. Die neuen Christen bauten Gotteshäuser nach christlicher Bauart. In den Kirchbauten sind heute noch die Einflüsse der west- und ostfälischen Besiedelungen zu erkennen. Dazu zählen u. a. der Ausbau des Kirchenschiffes, kuppelartig überhöhte Rippengewölbe, sogenannte Domikalgewölbe, die mit Ornamenten versehen wurden, breite Kirchentürme oder Holzbalkendecken anstelle des Gewölbes. Oftmals vermischten sich die Bauformen aber auch.
Als erste christliche Bauten ließ Bischof Brunwald von Schwerin Klöster errichten, wie z. B. 1171 in Althof bei Doberan, 1220 bei Dobbertin oder 1270 in Rostock das Kloster zum Heiligen Kreuz. Im weiteren Verlauf des 13. und 14. Jahrhunderts entstanden weitere Klosteranlagen in Mecklenburg, so z. B. das Frauenkloster in Malchow sowie die Klöster in Dargun und Ribnitz. Etwa zeitgleich entstanden die großen Städte Mecklenburg mit ihren opulenten Pfarrkirchen. Sie zählen heute zu den ältesten Zeugen der Landesgeschichte.
Feldsteinfindlinge und Backstein
Aber auch in den Dörfern in unmittelbarer Umgebung der Städte entstanden Kirchbauten, die natürlich wesentlich kleiner und auch nicht so prunkvoll ausgestattet waren wie die Stadtkirchen, dafür wesentlich kompakter und wehrhafter. Allen gemeinsam war aber, das beim Bau der Gotteshäuser sowohl Feld- als auch Backsteine verwendet wurde. Das waren die Baustoffe, die in Mecklenburg schnell verfügbar waren. Meist wurden Fundament und Haupthaus aus Granit und Feldsteinfindlingen errichtet und für Fenster- und Toreinfassungen dann der etwas filigranere Backstein verwendet.
Von sehr klein bis ganz groß
Die Dorfkirchen in Mecklenburg sind in ihrer Größe sehr verschieden. Sie reichen von sehr kleinen, eher kapellenartigen Dorfkirche wie z. B. der achteckigen Kirche im Fischerdorf Vitt (Gemeinde Puttgarden) am Hochufer der Insel Rügen bis hin zu sehr großen Kirchen, die vorwiegend in den Städten Mecklenburgs zu finden sind. Andere Dorfkirchen sind heute leider nur noch als Ruine vorhanden und trotzdem außerordentlich sehenswert, wie die gotische Kirchenruine in Satow.
Die ältesten Dorfkirchen Mecklenburgs
Eine der ältesten Dorfkirchen Mecklenburgs ist die im romanischen Stil erbaute Backsteinkirche in Vietlübbe (Landkreis Ludwigslust-Parchim) aus dem frühen 13. Jahrhundert, deren Grundriss auf einem griechischen Kreuz basiert. Die Dorfkirchen in Altenkirchen und Schaprode auf der Insel Rügen wurden im spätromanischen Baustil im ersten Drittel des 13. Jahrhunderts errichtet.
Eine der ältesten Dorfkirchen aus Feldsteinen ist in Behren-Lübchin (Landkreis Rostock) zu sehen. Charakteristisch für diesen Bau ist wie die für die Dorfkirche von Benthen (Landkreis Ludwigslust-Parchim) der massige Kirchenturm in quadratischer Form in der Breite des Kirchenschiffes.
Zu den ältesten Vertretern der Dorfkirchen im gotischen Stil zählt der Mitte des 13. Jahrhunderts begonnene Kirchenbau in Recknitz (Gemeinde Plaaz), der vor allem durch die interessante Gestaltung des mit Rauten verzierten Giebels beeindruckt. Bei der gotischen Dorfkirche von Rerik (Landkreis Rostock) sind der Unterbau aus Feldstein und die klare Unterteilung des Kirchenbaus in Schiff, Chor und Turm mit sogenannter Bischofsmütze, einer typischen mittelalterlichen Dachdeckung, heute noch sichtbar.
Als ein Beispiel für eine dreischiffige Stufenhallenkirche ist die Dorfkirche von Rethwisch (Landkreis Rostock) außerordentlich sehenswert.
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Bildquellen:
Vorschaubild, Vitter Kapelle Von I, Unukorno, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=24...
Dorfkirche Behren-Lübchin Von Botaurus stellaris - Eigenes Werk, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=43...
Dorfkirche Benthen Von Niteshift (talk) - Selbst fotografiert, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=39...
Dorfkirche in Recknitz Von Niteshift (talk) - Selbst fotografiert, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=76...
Dorfkirche Rethwisch Von Christian Pagenkopf - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=34...